Ich bin kein Klugscheißer

Rick Kavanian ist vieles: Schauspieler, Synchronsprecher, Kabarettist. Und er war viele: Dimitri Stoupakis, Giagl, Jens Maul. Seit 20 Jahren brilliert er in seinen verschiedenen Rollen. In seinem aktuellen Bühnenprogramm „Offroad“ ist Rick Kavanian einfach nur Rick. Mit dem LUDWIG redete er darüber, wie es sich anfühlt, er selbst zu sein und warum er dafür manchmal noch seine Brille braucht.

 

In deinen früheren Bühnenprogrammen warst du Dimitri Stoupakis oder Jens Maul. Jetzt bist du Rick. Eine Herausforderung?

 

Eigentlich war das immer genau das, was ich machen wollte. In den ersten Programmen habe ich mich immer ganz viel hinter meinen Figuren versteckt, da war der Rick immer nur ganz kurz zu sehen. In den letzten Programmen war er dann die Zugabe am Schluss, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Da wurde mir klar, dass ist genau das, was ich machen will. In meinem aktuellen Programm „Offroad“ habe ich das Gefühl, dass es mir gelungen ist, Rick zu sein.

 

Ist es einfacher, eine Kunstfigur zu spielen oder sich selbst?

 

Ich fühle mich als Rick auf der Bühne richtig wohl. Ich gehe jeden Abend raus und freue mich auf jede Nummer und es macht sehr viel Spaß. Ich bin bei mir, es fühlt sich gut an. Wenn mir was Aktuelles in den Sinn kommt, dann bringe ich das auf die Bühne. Ich muss auf keine große Dramaturgie achten. Ich habe Platz zum Improvisieren. Alles ist viel, viel freier. Ich bin auf der Bühne nicht anders als jetzt im Gespräch mit dir.

 

Wie viel von dir gibst du auf der Bühne preis?

 

Es gibt Grenzen, aber ich bin sehr privat in meinen Erzählungen. Ich erzähle nichts Yellow-Press-mäßiges. Es sind Dinge, die mir passiert sind. Ich erzähle zum Beispiel von meiner Hochzeitsreise, von meiner Familie und dem Aberglauben oder dass ich mir die Augen lasern lassen habe.

 

Auf der Bühne trägst du trotzdem eine Brille ...

 

Nach der OP bin ich gleich zum Optiker und habe mir in drei Gestelle Fensterglas reinmachen lassen. Nach über 30 Jahren mit Brille fühlst du dich plötzlich total nackt! Mittlerweile habe ich mich privat dran gewöhnt, aber auf der Bühnen brauche ich die Brille, da ist sie wie eine Arbeitsklamotte. Ich setz’ die Brille auf und weiß: Showmodus, es geht los!

 

Die Brille gibt dir einen Rahmen.

 

Ja, das trifft es ganz gut. Den Rahmen brauche ich auf der Bühne.

 

In der Programmankündigung heißt es, du willst zurück zu deinen Wurzeln. Wo sind die?

 

Ich habe keine Ahnung, die Frage stelle ich mir ganz oft. Vielleicht ist es da, wo Menschen sind, die mich mögen. Meine Familie, meine Freunde, Leute, bei denen ich ICH sein kann.

 

Deine Eltern sind armenische Einwanderer aus Bukarest, aufgewachsen bist du in München. Bist du wegen deiner Herkunft schon mal angefeindet worden?

 

Da hatte ich wahnsinnig großes Glück. Ich bin ’71 geboren, in den 70er Jahren hätte einiges passieren können. Ich hatte als Kind sehr dunkle Haare und noch dunklere Augen. Da kam vielleicht mal ein dummer Spruch, aber mehr nicht.

 

München ist ja auch gerade beispielgebend in der Flüchtlingssituation.

 

Vor ein paar Tagen war ich in Berlin und wurde gefragt: München oder Berlin, was ist besser? Da habe ich gesagt: ganz klar, München! Ich bin sehr stolz auf meine Leute, wie die mit der Flüchtlingssituation umgehen. Klar, München ist mein Zuhause, aber ich hätte nie gedacht, dass ich mal so stolz auf meine Mitmenschen bin.

 

Schon mal überlegt, politisches Kabarett zu machen?

 

Es gibt so viel andere, die dafür besser geeignet sind und viel mehr Ahnung haben. Dafür muss man auch der Typ Klugscheißer sein, der alles besser weiß. Das bin ich einfach nicht.

 

Welche Themen sind für dich tabu?

 

Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass man über alles reden darf. Es sollte keine Tabus geben. Wenn dir was am Herzen liegt, darfst du darüber reden. Gerade auf der Bühne darf man reden. Was ich nicht mag, ist es, Menschen abzuwatschen, die keine Möglichkeit haben, sich in dem Moment zu verteidigen. Oder das Abwatschen um des Abwatschen willens.

 

Du hast mal gesagt, dass du zu wenig egoman für deinen Job bist und gerne deine Ruhe hast. Findest du sie?

 

Ich bin gerne für mich, aber auch gerne unter Leuten. Wenn es ein Leitmotiv in meinem Leben gibt, dann ist es mit Sicherheit der Wechsel. Egal, um was es geht. Viel Aufmerksamkeit, keine Aufmerksamkeit, viele Menschen, keine Menschen, schlafen, nicht schlafen, dick sein, dünn sein. Der Wechsel begleitet mich schon immer.

 

Jetzt bist du gerade in einer aktiven Phase.

 

Ja, die Zeit ist echt super. Ich bin viel unterwegs, erlebe viel. Das macht Spaß.

 

Einem breiten Publikum bist du durch Bully Herbigs Filme bekannt. Ist in Zukunft wieder eine Kooperation mit ihm geplant?

 

Tatsächlich, ja. 2017 kommt die Bullyparade auf die große Leinwand, im Frühjahr beginnen die Dreharbeiten. Seitdem ich weiß, dass wir wieder gemeinsam einen Film machen, tanze ich jeden Tag Sirtaki in meiner Raumkapsel und mache Yoga im Yeti-Kostüm.

 

Bild Homepage: Manfred Baumann